Einmal gründlich durchputzen, bitte!

Manuela König ist in der zahnärztlichen Praxisgemeinschaft Schwabing-Freimann die Expertin für saubere, weiße Zähne. Bei einer professionellen Zahnreinigung durfte ich ihr über die Schulter schauen.

Dienstag, punkt 9 Uhr. Zahnsteinkratzer, Polierpaste, Zahnseide, Zwischenraumbürstchen, Watteröllchen und einige andere Utensilien liegen bereit. Manuela König blickt kurz auf die Patientenakte. Dann eilt sie zum Wartezimmer.

Dort sitzt Herr Meyer, um die 60, schwarze Hornbrille, graues Haar. Manuela König begrüßt ihren Patienten herzlich. Herr Meyer ist Stammpatient bei Frau König. Er kommt regelmäßig zur professionellen Zahnreinigung. Seit vielen Jahren, mindestens alle sechs Monate. „Weil schöne, weiße Zähne in meinem Business wichtig sind“, wie er mir später verrät.

Herr Meyer nimmt auf dem Stuhl Platz. Manuela König bindet ihm ein Papiertuch um den Hals. Die Hornbrille wird durch eine Plastikschutzbrille ersetzt.

Sich auf den Patienten einstellen

Es wird kaum gesprochen. Meyer und König verstehen sich auch ohne viele Worte. „Als ZMP (Zahnmedizinische Propylaxehelferin, die Red.) brauche ich viel Einfühlungsvermögen. Ich muss mich auf den Patienten einstellen. Will er reden, rede ich. Wenn er nicht reden will, dann nicht“, erklärt Manuela König.

Karies und Zahnstein: Nicht immer liegt es am Putzen

Herr Meyer lehnt sich entspannt auf dem Stuhl zurück und schließt die Augen. „Ohne Brille sehe ich ja sowieso nichts“, lacht er. Der Blick in seinen Mund offenbart selbst mir als Laien ein nahezu füllungsfreies Gebiss. Ich bin neidisch. „Es gibt einige Menschen, die haben den Streptokokkus, das Kariesbakterium, nicht im Mund. Die haben auch kaum Füllungen“, erklärt mir Manuela König.

Dieser so genannte Biofilm, die Beschaffenheit des Zahnschmelzes, die Putzqualität und die Speichelzusammensetzung bestimmen, ob jemand Karies oder Zahnstein hat. „Manche Menschen haben extrem viele Mineralien im Speichel. Und damit viel Zahnstein. Da können sie gar nichts machen. Deswegen kann ich auch keinen schimpfen, dass er zu wenig putzt“, berichtet Manuela König.

Parodontitis: Bewusstsein ist kaum vorhanden

Die Propylaxe-Expertin startet mit der Behandlung. Als erstes schaut sie sich Herrn Meyers Zahnfleisch an. Mit dem Zahnsteinkratzer fährt sie hier und da unter das Zahnfleisch. Ganz vorsichtig. „Ich vermesse die Taschen und schaue nach Entzündungen“, erklärt Manuela König. Denn obwohl Herr Meyer den Bohrer kaum kennt: Er hat Parodontitis. „Eins von beiden – Karies oder Parodontitis – haben die meisten Menschen“, erklärt mir Manuela König. Gerade bei Parodontitis seien eine intensive, gründliche Mundhygiene und eine regelmäßige Zahnreinigung durch den  Profi wichtig. „Was Karies ist, weiß jedes Kind. Aber das Bewusstsein über Parodontitis ist in der Bevölkerung immer noch nicht da.“

Weiter geht’s mit Herrn Meyers Zähnen. Manuela König entfernt nun Beläge und Verfärbungen mit einer Art Hochdruckreiniger. Deswegen auch die Schutzbrille: Aus dem Hochdruckreiniger kommt ein Gemisch aus Wasser und Reinigungsgranulat auf Salzbasis. Das würde in den Augen brennen.

Nach einer guten dreiviertel Stunde werden Herrn Meyers Zähne poliert und versiegelt. Dann ist Manuela König fertig. „Bitte seien Sie heute vorsichtig mit Kaffee und scharfem Essen“, gibt sie Herrn Meyer bei der Verabschiedung auf den Weg. „Aber das kennen Sie ja schon.“

Den Patienten aufklären und beraten

Kaffee, Alkohol und scharfe Speisen würden das malträtierte Zahnfleisch von Herrn Meyer noch weiter reizen, erklärt mir Manuela König später. Eines darf man in puncto PZR, also der professionellen Zahnreinigung, nicht verschweigen: Die intensive Reinigung kann bei empfindlichem oder durch Entzündungsprozesse gereiztem Zahnfleisch schmerzhaft sein. „Darüber kläre ich den Patienten immer auf. Gerade bei neuen Patienten, die die PZR noch nicht kennen, und bei Angstpatienten erkläre ich das, was gleich kommt, ausführlich. Ich muss sehr vorsichtig sein.“

Während Manuela König mir das erzählt, säubert sie ihren Arbeitsplatz. Geübte, flinke Handgriffe. Der nächste Patient wartet schon.

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